Julia Gold - Band 75 by Julia

Julia Gold - Band 75 by Julia

Autor:Julia [Julia]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik, Kurzgeschichten & Anthologien, Liebesromane, Populäre Belletristik, Anthologien, Zeitgenössisch
Herausgeber: CORA Verlag
veröffentlicht: 2017-07-13T22:00:00+00:00


5. KAPITEL

Einen Augenblick lang lag sie reglos und zutiefst gedemütigt im Sand. Dann beschwor sie all ihren Hass auf Hassan herauf, rang um den letzten Rest ihrer Selbstachtung und Kraft, um ihm zu antworten.

„Na und? Ist Ihnen bewusst, dass ich vielleicht Sie an der Nase herumgeführt habe? Um herauszufinden, wie schnell Sie Ihre Beherrschung verlieren?“

Hassan wurde aschfahl. „Sie … Sie Schlange!“ Seine Augen sprühten vor Hass.

„Warum sollte ich Ihnen gegenüber Bedenken haben?“, erwiderte sie kühl. „Sie werden niemals wissen, ob ich Ihnen etwas vortäusche oder nicht. Haben Sie Nazim schon vergessen? Es ist unmöglich, keine Vergleiche anzustellen.“

„Um Himmels willen!“

„Und außerdem …“, fuhr sie fort, „… bin ich für Josef zu jedem Opfer bereit. Auch dazu, mit einem Mann, den ich verachte, ins Bett zu gehen.“

War es nur Wut, die seine Züge verzerrte? Oder auch Schmerz?

„Ihre Leidenschaft … Das war nicht gespielt.“

„Glauben Sie wirklich, dass ich nach allem, was Sie mir angetan haben, etwas anderes als Hass für Sie fühlen würde?“

„Wenn ich hassen und … und gleichzeitig begehren kann, dann können Sie es auch. Hass und Verlangen schließen einander nicht aus.“

„Ich habe nicht Ihr heißes Blut. Ich glaube, darüber sind wir uns bereits einig geworden. Mein Appetit kann sich mit Ihrem nicht messen.“ Sie wusste, dass sie log, und die Erkenntnis ging ihr durch und durch.

Er wandte sich ab. „Ich sattle das Pferd.“

Matt vor Erschöpfung erhob sie sich, nachdem er gegangen war. Sie hatte es geschafft, ihn zu täuschen. Langsam folgte sie ihm.

Wortlos half er ihr beim Aufsitzen. Wie gestern ging er neben ihr her. Außer dem Hufschlag des Pferdes war alles still. Im Osten ging langsam die Sonne auf, und für kurze Zeit überzog sich der Himmel mit einem leuchtenden Rosarot. Danach strahlte er wieder blau und wolkenlos.

„Wir haben es bald geschafft“, sagte Hassan. Trotz der Bartstoppeln wirkte sein Gesicht weicher. „Eine neue Welt für Sie. Und ein neues Leben.“

Ein wenig überrascht sah sie ihn an. Dann seufzte sie.

„Ja. Das einer lebenden Toten.“

Sein Mund verhärtete sich, doch er antwortete ihr nicht.

Sie durchquerten eine Ebene. In der Ferne erkannte man trotz der flimmernden Hitze ein üppig grünes Tal und am Horizont wieder die hohe, gezackte Wand der Gebirgskette.

Als sie näher kamen, deutete Hassan auf eine Erhebung mit mehreren Kuppen. „Das ist Tawi Atair. Die Quelle der Vögel.“

Sie erinnerte sich, dass er Josef davon erzählt hatte. „Was für Vögel?“, fragte sie.

Er hob die Schultern. „Bienenfresser, Habichte, Elstern, Reiher …“

„Reiher? Dann gibt es auch einen See.“

Vielleicht war sein Land doch nicht so schrecklich.

Er nickte. „Er ist über fünfzig Meter tief. Der Legende nach entstand er durch den Einschlag eines Meteors.“

Unter anderen Umständen wäre Tiffany von der Legende – und von ihrer Umgebung – begeistert gewesen. Doch die Angst vor der Zukunft ließ sie nicht los, und die Schönheit der Landschaft brachte ihr die Trostlosigkeit ihrer eigenen Lage nur noch stärker zu Bewusstsein.

Nach und nach wurde aus dem Hügel ein hoch aufgerichtetes Fort, das aus einem mächtigen Felsblock herauszuwachsen schien – eine sandfarbene Burg wie aus einem Märchen, mit Zinnen und Schießscharten. Mein Gefängnis, dachte Tiffany.



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